Sicherheitshinweis – Vom Fliegen und Fluchen

Eine Beobachtung
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Neulich musste ich zu einem Termin nach Zürich. Bin ich geflogen. Geht ja schnell und ist bequem, kann man mal entspannen. Dachte ich jedenfalls. Dickes Buch in die Tasche gesteckt, man kommt ja sonst so selten zum Lesen, und mich auf nach Düsseldorf gemacht zum Flughafen. Der Hinflug war ja noch einigermaßen erträglich aber der Rückflug hat mir dann den Rest gegeben. Moni hat mich selten so geladen erlebt, als ich endlich in Köln ankam (und sagte noch, schreib da mal was zu im Blog).

Trotz stundenlangen Wartens, Rumsitzens, Rumstehens und Zeitvergeudens kommt man erst mal gar nicht zum Lesen, geschweige denn zum Entspannen. Nach jedem zweiten Absatz: Sicherheitshinweis, bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt. Und zweieinhalb Sätze später: Security advice, please don’t leave your luggage unattended. Für wie blöd wird man eigentlich gehalten, dass man immer wieder und wieder wiederholen muss, auf sein verdammtes Gepäck aufzupassen. Ich hatte nicht mal Gepäck. Ein Buch, aber das erwähnte ich schon, oder?

Überhaupt erinnert alles mehr an einen Hochsicherheitstrakt, erlaubte und nicht erlaubte Wege, Verhaltensvorschriften, alles, versteht sich, aus Sicherheitsgründen. Was sind eigentlich Sicherheitsgründe, frage ich mich. Nicht mehr hinterfragbare, apodiktisch-kategorische Letztbegründungen a priori, einer höheren, nicht irdischen und unergründlichen Autorität geschuldet, das Prinzip schlechthin? Aus Sicherheitsgründen achte ich daher auf mein nicht vorhandenes Gepäck und reihe mich in die Schlage, äh Schlange zur – tataa – Sicherheitskontrolle ein.

Schon interessant, den Menschen dabei zuzusehen, wie sie ohne zu murren, der Reihe nach ihre Menschenwürde abgeben, sich Schuhe und Gürtel ausziehen, sich von plastikbehandschuhten Sicherheits(!)-Leuten befingern und ihre Taschen durchwühlen lassen. In dubito contra reo. Wieso rebelliert hier eigentlich keiner? Wird sicher Sicherheitsgründe haben.

Sicherheitshinweis, bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt.

Security Advice, please don’t leave your luggage unattended.

Das Flugzeug (für die Interessierten: Air Berlin) war dann bis auf den letzten Platz belegt. Auch hier werde ich die Frage nicht los, wieso da keiner murrt und sich alle in diese enge Sardinenbüchse einsortieren lassen, in der es zudem heiss ist wie in der Sahara. Sind die Sitzabstände mit den Jahren unmerklich immer kleiner geworden oder bin ich doch noch gewachsen? Dann die Sache mit den Rückenlehnen. Heute las ich in der Süddeutschen noch den Artikel “Kampf ums Kippen”. Ein kurzer Ruck vom Vordermann kurz nach dem Start und die letzten 30 cm Beinfreiheit sind dahin. Luftprobleme, Atemnot, blanke Wut. Ob da nicht Sicherheitsgründe dagegen sprechen, und zwar massive? Der Gipfel aber war dann der Flughafenbus, der einen vom Flugzeug zum Terminal bringen sollte. Eine gefühlte Tausendschaft auf engstem Raum, dazwischen Koffer und Köfferchen geklemmt (ob auch alle gut darauf aufpassen?), und dann bleibt das Ding doch vor dem Terminal minutenlang einfach stehen und macht die verdammten Türen nicht auf. Werden wohl Sicherheitsgründe sein.

Sicherheitshinweis, bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt.

Security Advice, please don’t leave your luggage unattended.

Irgendwann hat man es dann fast geschafft. Fast, denn es gilt noch zum Ausgang bzw. Bahnhof zu kommen, mit der Sky Train, dieser hypermodernen wie überflüssigen Spezialität des Düsseldorfer Flughafens. Wieso muss ich eigentlich ein Ticket kaufen, wenn ich vom Terminal zum Ausgang des Flughafens will? Und später im Zug nach Köln fragt mich der Schaffner noch allen Ernstes, warum ich das Ticket nicht abgestempelt habe. Weil es in der verfickten Skytrain keinen verfickten Abstempler gibt.

Jedenfalls war ich ziemlich geladen als ich zuhause war. Hups, hab ich vielleicht doch irgendwo mein Gepäck vergessen, war ich mal einen Moment unattended? Ach nein, ich hatte ja nur ein Buch. Was wollte ich damit eigentlich? Schon komisch, früher bin ich viel geflogen. In Hochzeiten hab ich es auf über 50 Flüge pro Jahr gebracht (und hatte dann so eine schicke silberne Karte von der Lufthansa). Hab ich das da auch so erlebt? Oder bin ich heute einfach nicht mehr bereit, das alles hinzunehmen?

Übrigens war ich insgesamt in etwa solange unterwegs wie wenn ich mit der Bahn gefahren wäre. Eigentlich bin ich auch selbst Schuld, ich hätte ja ein paar Euro mehr ausgeben und ein teures Ticket der DB kaufen können. Ich liebe die Bahn, dieses Unperfekte, die planmäßigen Verspätungen, und ganz ohne:

Sicherheitshinweis, bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt.

Security Advice, please don’t leave your luggage unattended.

… wobei, an Bahnhöfen meine ich das auch schon mal gehört zu haben!?

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