Die Illusion der anderen

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“Aber könnte es nicht sein, dass es Einbildungen gibt, die immer die der anderen sind, ohne jemals die eigenen Einbildungen von irgend jemandem zu sein?”

Robert Pfaller, Professor für Kulturtheorie an der Kunstuniversität Linz, vergleicht in seinem Buch zwei Arten, an etwas zu glauben. Wir alle kennen das bekennende Glauben, indem man zugibt: “Ich glaube an …”. Es gibt aber noch eine zweite Art des Glaubens, die er “Aberglaube” nennt: Die Illusion ohne Eigentümer. Glauben Sie, es hilft der Fussball-mannschaft tatsächlich, wenn Sie sie vor dem Fernseher sitzend anfeuern? Sicher glauben Sie es nicht, aber Sie tun es trotzdem, trotz besseren Wissens.
Dieses und andere Beispiele zeigen dem Leser, dass auch in unserem Alltagsleben viel Aberglaube herrscht, ohne dass wir es gleich als solchen bezeichnen.

Sie glauben auch nicht an Voodoo? Gut, dann nehmen Sie sich doch ein Photo eines geliebten Menschen und kratzen die Augen von der Bildfläche! Es fällt Ihnen schwer, dies zu tun? Irgendwie werden Sie das Gefühl nicht los, Sie würden doch der Person, die dort abgebildet ist, etwas antun? Trotz besseren Wissens, dass dies natürlich Quatsch ist, lassen Sie es vorsichtshalber doch lieber bleiben …

Pfaller bezieht die Theorie des Spiels von Huizinga mit in die Überlegungen ein und bringt – anhand viel psychologischem Hintergrundwissens – vor allem bezogen auf Freud und Lacan –  seine Theorie in Zusammenhang mit Fetischismus und Perversion und erläutert, warum der bekennende Glauben ein Zeichen einer Unlust-Kultur ist, während die Illusion der anderen eine Glückstechnik genannt werden kann.

Mein Urteil: Als Fan vom schräg um die Ecke Denken hatte mich bereits der oben zitierte Buchdeckeltext angelacht und ich wurde nicht enttäuscht. Sicher, das Buch liest sich nicht so im Vorbeigehen, sondern verlangt Konzentration, entschädigt aber m.E. dafür reichlich mit einer hochinteressanten These zur Kulturwissenschaft.

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