Neulich im Fernsehen

Der Witz am Witz
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Es lief mal wieder eine der zahlreichen Comedy Sendungen. Auf 3sat (ich guck ja so Kultursender). Volker Pispers erklärt, Frau Merkel gebe der Krise zumindest ein Gesicht, wie sie immer so dastehe, und wenn sie da so stehe, dann sei sie vermutlich genauso gespannt darauf, was sie gleich sagen wird wie er, Pispers, das Publikum applaudiert …

Das sind so Momente, wo ich mich als Medienpsychologe herausgefordert fühle, und verstehen möchte, was das Fernsehen im Allgemeinen und die Comedy in Speziellen im Seelenhaushalt der Menschen zu leisten vermag. Ausgangspunkt meiner Überlegung war die Selbst-Beobachtung, dass ich bei politischer Comedy, aber auch den vielen witzigen Filmen dazu auf YouTube, das Gefühl habe, etwas von den aktuellen politischen Geschehnissen zu verstehen.

Auch wenn ich die komplizierten Hintergründe nicht begreife, den Witz und die Pointe hab ich verstanden – quasi stellvertretend für das Ganze. Für einen kurzen Moment erscheint alles ganz einfach und begreifbar. Es kommt aber noch besser: Ich kann sogar Position beziehen, schlicht indem ich darüber lache. Das gibt mir zumindest für einen Moment ein Gefühl von Macht und Kontrolle über Geschehnisse, denen man sich sonst hilflos ausgeliefert fühlt. Nicht zuletzt erzeugt es auch noch ein Gefühl der Solidarität mit all den anderen, die da im Studio sitzen, lachen und applaudieren. Wir sind wir uns alle einig, im Verstehen und Dagegensein.

Comedy, besonders politische, scheint derzeit Hochkonjunktur zu haben, weil sie offenbar ein ‚Leiden’ aufgreift, dem ich mich genauso wenig entziehen kann: Kaum jemand versteht und durchschaut, was da in der Finanzwelt und der Politik passiert. Niemand kann sich wirklich ein Bild über die komplexen Zusammenhänge der Finanzmärkte oder die Summen machen, die derzeit bewegt werden. Und weil niemand es wirklich versteht, kann man auch nicht Position beziehen. Klar, man kann sich aufregen und zum Wutbürger werden, aber spätestens wenn es darum geht, klar zu sagen, wogegen man denn nun Position bezieht und welche Alternativen man denn habe, verwandelt sich die Wut in Ratlosigkeit. Daher sind zwar gefühlte 99% ‚irgendwie dagegen’, tatsächlich auf die Straße gehen aber nur sehr wenige, 99% bleiben zuhause … und schauen vermutlich Comedy im Fernsehen.

Ist das nicht der psychologische Witz am Witz, und an der Comedy? Verstehen, Position beziehen, sich solidarisch fühlen. Letztlich eine Art der Demonstration im Stillen?

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